Blutalkohol, Vol. 39 No. 1, Januar 2002, S. 45:
Zur Feststellung der Tatzeit-BAK bei Ermangelung tatrichterlicher Feststellungen als Grundlage zur Entscheidung über die Anordnung einer MPU
Als Grundlage für eine Entscheidung über die Anordnung einer MPU können der Führerscheinstelle in Ermangelung tatrichterlicher Feststellungen im Strafbefehl dienstliche Erklärungen und Gutachten zur Tatzeit-BAK vorgelegt werden.
Ein Fahrzeugführer wurde um 1.50 Uhr von der Polizei angehalten. Die Untersuchung einer um 2.50 Uhr entnommenen Blutprobe ergab einen Entnahmewert von 1,59%o. Aufgrund des vorläufigen Gutachtens ergab die Rückrechnung zum Vorfallszeitpunkt um 1.50 Uhr eine Mindest-BAK von 1,69%. Die Staatsanwaltschaft ging aufgrund der nach Aktenlage unwiderlegbaren Einlassung des Betroffenen, er habe bis unmittelbar vor Fahrtantritt kurz vor 1.50 Uhr Alkohol konsumiert, und der Tatzeit von 1.50 Uhr und des Blutentnahmezeitpunktes von 2.50 Uhr davon aus, daß die Resorption bei Blutentnahme gerade abgeschlossen war, so daß zur Bestimmung der Tatzeit-BAK der Entnahmewert maßgeblich und eine Rückrechnung unzulässig ist. In den Strafbefehlsgründen hieß es hierzu: ìIhre Blutalkoholkonzentration betrug zur Entnahmezeit um 2.50 Uhr 1,59 Promilleì. Der Strafbefehl wurde antragsgemäß erlassen. Im Wege des Antrags auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis hat die Führerscheinstelle den Betroffenen aufgefordert, gemäß § 13 Ziff. 2 lit. c FeV ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß im Strafbefehl lediglich Feststellungen über die BAK zum Entnahmezeitpunkt getroffen seien. Die Führerscheinakte enthalte keine Feststellungen über die Tatzeit-BAK, weshalb eine Rückrechnung vorzunehmen sei, die eine BAK von 1,69% ergebe. Aufgrund dieser Aufforderung legte der Betroffene der Führerscheinstelle ein rechtsmedizinisches Gutachtens mit den Ergebnissen vor, daß unter Zugrundelegung eines Trinkendes von 1.50 Uhr eine Rückrechnung nicht statthaft ist, sondern vielmehr von den bei der Blutentnahme festgestellten 1,59%o als ìwirksame Mindest-BAKì auszugehen ist und aus rechtsmedizinischer Sicht nicht belegt werden kann, daß die Mindest-BAK über 1,59%o lag. Er veranlaßte gegenüber der Führerscheinstelle des weiteren eine dienstliche Erklärung der Staatsanwaltschaft, daß mit dem Satz ìIhre Blutalkoholkonzentration betrug zur Entnahmezeit um 2.50 Uhr 1,59 Promilleì in den Gründen des Strafbefehls die Feststellung der Tatzeit-BAK gemeint ist. Die Führerscheinstelle verzichtete daraufhin auf die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens und erteilte dem Betroffenen eine neue Fahrerlaubnis erteilt.
Rechtsanwalt Uwe Lenhart, Frankfurt am Main