DAR Deutsches Autorecht, 10/2002, S. 469 f.:
§ 25 Abs. 1 S. 1 StVG; § 4 Abs. 4 BKatV (Verhängung einmonatiges statt dreimonatiges Fahrver-
bot unter Erhöhung der Regelgeldbuße)
Würde die Verhängung des Regelfahrverbotes bei einer durch die beruflichen Umstände des Betroffenen veranlassten Gesamtschau zu einer unangemessen harten Sanktion der Tat führen,
kann das Absehen von dem Regelfahrverbot durch die Verhängung eines einmonatigen statt
eines dreimonatigen Fahrverbotes unter Erhöhung der Regelgeldbuße tat- und schuldangemessen sein. (Leitsatz des Einsenders)
AG Linz (am Rhein), Beschluss vom 20.8.2002 (2040 Js 31125/02.3 OWi)
Sachverhalt: Die Verwaltungsbehörde hat gegen den Betr. wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 71 km/h außerhalb geschlossener Ortschaft gem. §§ 24, 25 StVG, 41 Abs. 2, 49 StVO i.V.m. Nr. 11.3.10 BKat eine Geldbuße in Höhe von Euro 375 festgesetzt und ein Fahrverbot auf die Dauer von drei Monaten angeordnet.
Aus den Gründen: Zwar hat der Betr. den Regelfall der BKatV erfüllt in dem er mit 71 km/h über der zulässigen Höchstgeschwindigkeit fuhr. Doch war zum einen zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass er voll umfänglich geständig war, zum anderen seine persönlichen Verhältnisse. Er ist Alleinverdiener für eine 5-köpfige Familien und ist dringend zum Erhalt des Lebensunterhaltes auf seinen Führerschein angewiesen. Der Betr. ist verheiratet. Seine Ehefrau ist nicht berufstätig. Sie haben 3 Kinder im alter von 20, 15 und 12 Jahren. Der Betr. ist folglich für den gesamten Unterhalt der Familie verantwortlich. Er erzielt ein monatliches Netto-Einkommen von Euro 3.500 vor Steuern. Der Betr. führte in seiner Einlassung vom 8.8.2002 aus, dass er selbständiger Versicherungsvertreter in F. sei. Er sei Inhaber einer Generalagentur der X. Versicherungs AG. Er beschäftige keine Mitarbeiter. Sein Aufgabenbereich bestehe darin, Versicherungen aller Sparten und Personen- und Sachversicherungen, die eine individuelle Beratung und Betreuung erfordern, zu vermitteln. Seine Kunden befinden sich im großräumigen Rhein-Main-Gebiet sowie im gesamten Bundesgebiet. Regelmäßig habe er pro Tag 3 Termine an verschiedenen, auch weiter von einander gelegenen Orten, die er wahrnehmen muß. Dies machte er glaubhaft durch die Vorlage des Auszuges seines Terminkalenders für den Zeitraum vom 3.6.2002 – 14.6.2002. auch kommt es vor, dass ein Kunde den Betr. kontaktiert, um innerhalb kürzester Zeit eine Betreuung bzw. Beratung zu erhalten. Der Betr. muss dann aufgrund seines Serviceangebotes sofort reagieren. Der Betr. stellt in seiner Einlassung weiter die Kosten eines individuell engagierten Fahrers seinem Einkommen gegenüber. Dies auch unter Berücksichtigung der monatlichen Belastungen wie Miete, Lebenshaltung und Kosten für die Privatschule seiner Tochter sowie Leasinggebühren des Kfz.
Unter Berücksichtigung all dieser vorgetragenen Umstände erachtet das Gericht die Verhängung eines einmonatigen Fahrverbotes als tat- und schuldangemessen. Von dem Regelsatz konnte ausnahmsweise im vorliegenden Fall abgesehen werden. Die Geldbuße wurde allerdings entsprechend § 2 Abs. 4 BKatV auf Euro 500 heraufgesetzt. Das Gericht erachtet den Warneffekt mit Anordnungen dieser beiden Maßnahmen als hinreichend gewahrt.
(Mitgeteilt von Rechtsanwalt Uwe Lenhart, Frankfurt a.M.)
DAR-Anmerkung: vgl. BayObLG DAR 2000, 39